… schrieb unsere Wein4tlerin-Kolumnistin, Ex-Kärntnerin und Winzersgattin Alexandra Mayer heute auf ihrer Facebook-Seite. Denn das Jahr endet für den Weinviertler Wein heuer leider eher suboptimal.
Wir lassen uns ja gerne ein Glaserl Wein schmecken – aber für mich hat Wein erst eine besondere Qualität bekommen, seit ich durch unsere Wein4tlerin ein bisserl ins Winzerleben und damit auch ins Weinjahr reinschnuppern durfte. Als gebürtige Wienerin bin ich nicht naturgemäß mit dem landwirtschaftlichen Leben vertraut, was in den letzten Jahren viele neugierige Fragen für mich aufgeworfen hat. Auch als Unternehmerin bin ich nicht damit vertraut, wie das ist, wenn man das ganze Jahr über seine ganze (Arbeits)Kraft auf einen Zeitpunkt fokussiert, den man eigentlich so gut wie gar nicht beeinflussen kann. Und der einem sogar, wenn’s ganz blöd hergeht, einen ganz ordentlichen Strich durch die Rechnung machen kann. Viele Gespräche lang habe ich da meinen staunenden Mund kaum wieder zugebracht, wenn ich die Landwirte mit einem traurigen Achselzucken sagen hörte, dass der Hagel mehr als die Hälfte der Ernte zerstört hat. Gottergeben fügen sie sich seit Generationen der Natur und ihren Launen. Und bleiben doch im vollen Vertrauen – „nächstes Jahr wird’s hoffentlich wieder besser ausschauen“.
Mittlerweile fühle ich bei jedem Hagelschauer, bei langanhaltender sommerlicher Trockenheit und an herbstlichen Regentag mit so vielen mit, erlebe ihre existenziellen Ängste, das Bangen um die Ernte, aber auch ihre Freuden, wenn die Kellerarbeit gelingt und es die eine oder andere Auszeichnung gibt. Im Vorjahr haben mich die Rührungstränen gar gänzlich übermannt, als ein junges Winzerehepaar, für das wir kurz davor ein rundum neues Image gestaltet haben, gleich darauf mit Goldmedaillen überschüttet wurde. Es ist schön, das mitzu(er)leben!
Erst jetzt kann ich ein Glas Wein richtig wertschätzen und seine ganze Energie mit allen Emotionen aus seinem Herkunftskeller spüren. Eigentlich sollten wir alle Wein auf diese Art genießen können. Eigentlich sollten wir alle LEBENSmittel auf diese Art genießen und wertschätzen können. Wir sollten uns aufmachen zu den Höfen, Gütern und Feldern, auf denen gesät und gepflegt, gejätet und geerntet wird. Wir sollten zusehen, wie die zarten Pflänzchen sprießen, sich zu starken Fruchtträgern auswachsen, um schließlich reichlich vollreifes, duftendes und schmeckendes Obst und Gemüse abzuwerfen. Aber auch, wie Traktoren in der fruchtbaren, schwarzen Erde im Laaer Becken nach Regenperioden grußlos im Boden versinken, die Felder unbegehbar werden, sodass Reifes nicht zur Zeit geerntet werden kann. Und den Winzer begleiten (jaja, ich weiß schon, dass der da wenig Freude damit hat), wenn er versucht, die Botrytis-Trauben auszulesen, um die Ansteckungsgefahr so gut es geht zu minimieren.
Denn ich glaube, erst dann können wir uns diese Früchte harter Arbeit wieder so richtig schmecken lassen, und Dankbarkeit all jenen gegenüber empfinden, die sich jedes Jahr aufs Neue mutig dem Risiko entgegenstellen und wieder von vorne beginnen zu säen, zu pflegen und zu ernten. In diesem Sinne – lasst Euch das nächste Glas Wein ganz besonders auf der Zunge zergehen. Prost!
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