Ich habe ja so meine Vergangenheit mit Camping und als junge Erwachsene kaum dem Elternhaus entschlüpft, habe ich mir geschworen: Nie wieder Camping!
Schon meine Großeltern waren in der Campingbranche selbständig, meine Eltern haben den Betrieb dann übernommen. Meine gesamte Kindheit stand also ganz im Zeichen von Zelten, Wohnwägen, Campingklos und -plätzen. Meine Jugend habe ich im Wohnwagen im Burgenland verbracht, der dort sozusagen unser (winziges) Wochenendhaus war. Zu viert ziemlich eng, wie man sich wohl vorstellen kann, und ich habe es allein schon gehasst, täglich abends aus Sitzplätzen und Tisch das Bett zu machen, morgens dasselbe dann in die andere Richtung.
Die schlimmsten Erinnerungen habe ich aber an die Jahre mit „Wintercamping“. Meine Schi-affinen Eltern übersiedelten den Wohnwagen im Winter zum Stuhleck, wo wir dann unsere Schi-Wochenenden verbrachten. War der Wohnwagen für vier schon im Sommer eng, ließen vier Schianzüge, Hauben, Handschuhe & Co das Thema an diesen Wintertagen eskalieren. Ich schwor mir: Nie wieder Camping, sobald ich selbst über mein Leben bestimmen kann.
Unverhofft kommt oft
Dabei blieb es auch. Bis unsere Tochter vor ein paar Jahren im Zuge der alljährlichen Familien-Urlaubsberatung plötzlich einen Wunsch äußerte: „Ich würde so gerne einmal mit einem Wohnmobil Urlaub machen!“ Nach so vielen Jahren Abstinenz schien mir die Idee ganz verlockend und wir beschlossen eine Rundreise durch Dänemark mit einem geliehenen Motorhome. Die beiden Wochen, die wir kreuz und quer durch Dänemark tingelten, waren abenteuerreich und wir haben auf diese Weise viel von Land und Leuten gesehen. Doch für mich blieb die Entspannung auf dieser Reise auf der Strecke – so gut wie täglich wechselten wir den Standplatz und waren quasi 14 Tage non-stop auf Achse. Mein Fazit: Ein netter Urlaub, einen zweiten auf diese Weise brauche ich aber nicht.
Dem Göttergatten gefiel die Wohnmobil-Reise viel besser, also drängte er auf einen zweiten Versuch. Diesmal reisten wir nach Krk, ohne unserer Tochter, dafür bereits mit zwei Hunden, was sich platzmäßig als gute Lösung erwies. Krk empfing uns trotz Juni mit einem kalten Regentag, der uns mehrheitlich ins Innere des Wohnmobils verbannte. Eng, bemerkte ich. Nach dem Abendessen verzogen wir uns – vor allem aus Platzgründen – gleich ins Bett. Auf Dauer ungemütlich, fand ich. Obwohl wir insgesamt schöne Tage verbracht hatten, war für mich klar: Ein Wohnmobil ist nicht unsere Lösung!
Aller guten Dinge sind drei
Mit mittlerweile drei Hunden wurde unsere Urlaubsplanung langsam mühsam. Die Auswahl an Ferienhäusern verknappt sich proportional zur Anzahl der Hunde, die mitreisen wollen, schöner werden sie auch nicht gerade, es sei denn, man blättert Beträge jenseits der 5.000 Euro hin. So verging uns langsam die Reiselust. Heuer kam dann die „rettende Idee“ für einen dritten Versuch: Wir reisen mit Wohnwagen!
All das, was mich im Wohnmobil gestört hatte, kann der Wohnwagen entkräften: Kein Herumkurven mit dem Riesenteil für Shopping- und Sightseeing-Touren in engen Stadtzentren, mehr Platz für abendliches gemütliches Beisammensitzen, wenn es mal kühler ist oder gar regnet. Keine exorbitanten Anschaffungskosten und kein integriertes Auto, das in die Jahre kommt und uns womöglich – kaum abbezahlt – mit teuren Reparaturen überrascht. DAS könnte unsere Lösung sein!
Große Versöhnung
Eine erste Reise mit dem neuen „Wohni“ führt uns ein paar Tage nach Kroatien. Wir müssen uns vergewissern, dass all unsere Visionen und Überlegungen auch wirklich der Realität entsprechen. Und – das tun sie! Nach so vielen Jahren freu ich mich heute über die Versöhnung mit dem Thema Camping. Warum?
- Wir sind frei und unabhängig. Wir fahren los, wo es uns gefällt bleiben wir, wenn wir keine Lust haben, reisen wir weiter.
- Den Wohnwagen parken wir auf einem (Camping)Platz, der uns gefällt. Dort bleibt er aufgebaut und hergerichtet, während wir mit dem Auto die Gegend erkunden und abends „heimkommen“.
- Camping passt gut zum „neuen“ Minimalismus. Frei nach dem Motto „Was brauche ich wirklich für mein Glück?“ packen wir (schon aus Gewichtsgründen) wirklich nur das Nötig(st)e ein und stellen fest: Wir vermissen gar nichts! Gekocht wird simpel, aber nicht weniger lecker. Das Geschirr waschen wir, wie anno dazumal, per Hand ab und dabei bricht uns kein Zacken aus der Krone.
- Wir schlafen im eigenen Bett – egal, wohin es uns verschlägt! Yayyy!
- Mindestens jeder zweite Camper hat einen (zwei, drei …) Hund(e). Wir sind in bester Gesellschaft!
- Camping eröffnet mir eine unkomplizierte Welt ohne Make-up und High Heels – Natur pur, wohin das Auge blickt!
- Camping-Kinder verbringen ihre Zeit mit Radfahren, Skateboarden, Zeichnen, Schwimmen oder Muscheln suchen. Sogar Bücher Lesende habe ich schon entdeckt!
- Camper sind eine gesellige hilfsbereite Clique: Bleiben morgens zu einem Schwätzchen stehen oder bewundern unsere Hunde, wenn wir auf „unserer“ Wiese was üben. Wildfremde Menschen stehen (oft sogar ungebeten) mit helfenden Händen da: Egal, ob wir vergessen hatten, einen Flaschenöffner einzupacken, (noch) keinen geeigneten Wasserschlauch haben oder unser Mover streikt und wir den Wohni per Hand in Position schieben müssen. Ein unkompliziertes Gemeinschaftsgefühl ohne Hintergedanken, das ich im Alltag schon so lange schmerzlich vermisse.
- Unser „Wohni“ wird zum „Wohn-Office“ – ich kann arbeiten, wohin uns die Reiselust auch immer verschlägt. Eine Freiheit, von der ich lange geträumt habe!
- Zugegeben, Qualität und Ausstattung heutiger Wohnwägen haben (Gottseidank) nicht mehr viel mit meinen Kindheitserinnerungen gemeinsam. Und natürlich haben sich die technischen Möglichkeiten stark verändert. Fakt bleibt aber: Wir leben ein einfache(re)s Leben beim Camping, das uns an den schönsten Orten daran erinnert, wie wenig wir eigentlich brauchen und wie zufrieden uns diese Einfachheit im tiefen Herzen macht.