Ja, es ist tatsächlich wahr – wir sind mitten in der Erziehung unseres eineinhalbjährigen Border Collies Spencer und haben uns tatsächlich noch einen Welpen derselben Rasse ins Haus geholt. Ich muss schmunzeln, denn meist wird das mit einem – wenn auch oft unsichtbaren – Kopfschütteln quittiert. Habt Ihr nicht eh genug zu tun … ?
Oja. Klar. Aber auch wenn ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe und wirklich liebe – die Sehnsucht nach Ausgleich wurde immer größer. Wenn man wie ich so viele Jahre so viel Zeit und Kraft in die Arbeit investiert, steht man – also ich – eines Tages plötzlich ganz ohne Hobby da. Und so haben wir uns sehenden Auges im vergangenen Jahr für diese anspruchsvolle Rasse entschieden, die eine intensive Arbeit erfordert. Ein neues Hobby namens Spencer.
Auch wenn uns in den Kinderschuhen vor überschießender Liebe und in Gedanken noch bei unserem letzten Hund Ben (fertig erzogen und insgesamt sehr kooperativ und sanftmütig) allerlei Erziehungsfehler unterlaufen sind und sich die Suche nach der einen, einzig wahren Hundeschule, ziemlich hingezogen hatte – jeder noch so kleine Erfolg der gemeinsamen Arbeit birgt so beglückende, herzerfüllende Momente in sich, dass die vorangegangenen Tränen von Verzweiflung und Enttäuschung ganz schnell wieder vergessen sind. Jetzt sind wir – in großartiger Begleitung der Hundeschule Hundefragen – auf einem tollen Weg mit täglichen Fortschritten. Und es blieb nur ein einziger Wermuthstropfen …
Ein Hund zum Hochzeitstag
Die Arbeit mit Spencer habe diesmal ich übernommen und so bin ich öfter mal mit dem Hund alleine auf Kursen und Workshops. Und so ein bisschen hat mich dabei doch immer das schlechte Gewissen gepackt, denn schließlich hat auch der liebste aller Ehemänner Freude an der Arbeit mit dem Hund, die ich keck für mich selbst eingefordert hatte. Was also liegt näher als ein zweiter Hund, ein Artgenosse für Spencer und ein Ausgleich für uns Hundehalter, sodass wir beide dieser wunderbaren Arbeit – später sicher auch gemeinsam – nachgehen können. Und noch während wir überlegen, ob zwei Hunde für unser eh schon ganz schön volles Leben vielleicht zu anstrengend sind, rutscht Lewis – geboren in der Zucht of Auld Hemp in Kasten und noch auf der Suche nach seiner Familie (also uns *g*) – in meine Facebook-Timeline. Die Liebe auf den ersten Blick schaltet ja bekanntlich einige (vernunftbetonte) Areale im Gehirn aus, sodass wir nach einem kurzen Spontanbesuch eine Woche später stolze Besitzer zweier Border Collies waren. Dass Lewis just an unserem Hochzeitstag zur Welt kam, Schiefergrau ist und noch dazu eine Blesse in Herzform trägt, hat diese Entscheidung wohl auch beschleunigt 😉
My dog is my best coach
Selbstbewusste kluge Hunde machen einer wie mir das Leben nicht grade leicht. Sie fordern kompetente Führung, bekommen sie sie nicht, gehen sie ihrer eigenen Wege: Oh, ein Reh … ich komm gleich wieder, warte hier! Das Foto oben, an dem Spencer schon so brav an der lockeren Leine geht, sieht für den Laien ja schon erfolgreich aus. Ich selbst (und dann erst die erfahrenen Hundetrainer *winke leo*) sehen aber gleich, dass meine Körperhaltung noch reichlich ausbaufähig ist. Bei einem Hund im Haus kann man sich solche Führungsschwächen vielleicht noch leisten, wenn man ganz gute Nerven hat. Bei zwei Hunden im Haus sieht die Sache dann aber anders aus. Da reichen in diesem Fall „gute Nerven“ nicht mehr aus 😉
Lewis, der gemütliche Penner in seinem Welpenrudel, blühte geradezu auf unter der Fuchtel von Spencer, dem Großen und entpuppte sich innerhalb von 24 Stunden zu einem Energiebündel, gegen das Spency damals Schlaftablettencharakter hatte (und das will was heißen!). Wer da also nicht völlig die Fassung verlieren will, lernt plötzlich im Eilzugstempo. Und zwar ganz ohne dem Hundetrainer an der Hand, der ermahnt „bettel nicht, du bettelst schon wieder!“.
So geschah es also, dass ich innerhalb von wenigen Tagen meine Körperhaltung (jedenfalls vor den Hunden!) gestrafft habe, klare und unmissverständliche Kommandos gebe und … siehe da, ein ruhiges „Sitz“ reicht da plötzlich, dass sich zwei ehrgeizige Border Collies umgehend vor mir wie die Zinnsoldaten aufpflanzen. Und zwar ohne der sonst oft nötigen zweiten (und dritten und …) Ermahnung.
Und ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Kaum betrete ich das Zimmer, schauen mich alle beide erwartungsvoll an, ich bekomme plötzlich ganz automatisch die Aufmerksamkeit, um die ich nun eineinhalb Jahre lang so schwer gerungen habe. Und Spencer geht eine Stunde über die Felder an meiner Seite ohne Gezicke und Gezerre und ignoriert die Mäuse am Wegesrand … einfach so, als wär’s ohnehin das Allernormalste auf der Welt.
Aber das Schönste daran: Ich fühle mich selber stark, selbstbewusst (Fans von Anita Balser würden sagen, mein Grün hat sich deutlich verbessert!) und das hat nicht nur Auswirkungen auf unsere Hunde, sondern auf meinen gesamten Alltag, in dem ich mich neuerdings so kraftvoll fühle (trotz welpenbedingten Schlafdefezits).
Also – Ihr seht, vielleicht ein wenig verrückt, die Idee, aber ganz sicher, die beste, die wir seit langem hatten!