Unser Katerchen gedeiht prächtig. In den knapp vier Monaten, in denen Finn alias Barney alias Tweezy (letzteres ist jetzt aber amtlich!) nun bei uns lebt, hatten wir Gelegenheit, sein Wesen, das sich im Heranwachsen immer mehr ausprägt, näher kennenzulernen.
Da er ja schon als Baby im (Wiener)Wald ausgesetzt wurde, wollten wir ihm nach der ersten Eingewöhnungszeit den Freigang nicht verwehren und machten ihn langsam mit unserem Garten vertraut. Auch ein wenig in Anlehnung an Tupu, unsere liebe, verstorbene Fellnase, den wir vor Jahren auch als ausgesetztes Katerchen im Herbst in unsere Obhut genommen hatten. Denn Tupu konnte es gar nicht ertragen, dass wir ihn nicht gleich wieder ins Freie entließen, weil wir ihn ein wenig an die neue Umgebung gewöhnen wollten. Er verbrachte seine Tage und Nächte vorwiegend in freier Wildbahn, kam nur zum Fressen, Entspannen und Laurie-trösten, wenn sie vor Schularbeiten gestresst war.
Ganz anders Tweezy. Vorsichtig steckt er sein Näschen in die frische Luft und an den wärmeren Tagen kann es auch passieren, dass er seine jugendlichen Energien auf dem Kirschbaum oder unter der Glyzinie abreagiert. An einem langen Aufenthalt in der frischen Luft ist er aber wenig interessiert und alsbald trommelt er wieder Fred Feuerstein-mäßig mit beiden Pfoten an die Scheiben der Terrassentür: „Wiiiiilmaaaaa!!!“
Wie ein Hündchen …
Der liebste Göttergatte stellte schon bald fest: Die Katze benimmt sich wie ein Hund. Denn tatsächlich: Vom Keller ins Erdgeschoß, vom Garten ins Obergeschoß, vom Büro ins Bad – Tweezy ist uns stets auf den Fersen. Sogar auf die Toilette begleitet er einige von uns, wo er alle Vorgänge so interessiert beobachtet, dass wir nicht überrascht sein werden, wenn er eines Tages ins Klo pinkelt und die Spülung drückt! Sein eigenes Kisterl hilft er übrigens fleißigst mit, sauberzuhalten. Kommt jemand mit der Schaufel, um das Katzenstreu zu filtern, sieht er nicht nur höchst interessiert zu, sondern hilft eifrig mit und buddelt wie verrückt. Schon in den ersten Tagen fiel uns auf, dass er nach unseren Reinigungsaktionen in seinem Kisterl immer nachschauen und vor allem -riechen kam, ob wir das eh ordentlich erledigt haben 🙂
Während Tupu eher das Weite suchte und an unserer Nähe nur sehr bedingt interessiert war, ist Tweezy der absolute Kuschelkönig. Wenn ich mich morgens an den PC setze, dauert es nicht lange, bis er angetrappelt kommt. Zwischen meinen tippenden Händen macht er es sich dann gemütlich, drückt sich an meine Brust und schlummert, sein Köpfchen über meinen Oberarm, friedlich weg. Da stört ihn kaum Tippen oder Mausklicken (im Gegensatz zu mir, denn bald schlafen mir vor lauter Unbequemlichkeit die Finger ein).
Machen wir es uns abends am Sofa gemütlich, ist Tweezy mit von der Partie. Und wenn wir uns zum Essen bei Tisch versammeln, darf er natürlich nicht fehlen. Weil wir es nicht so sehr mögen, wenn sich Tiere bei Tisch aus unseren Tellern bedienen, haben wir ihm klargemacht, dass Tisch eine Tabuzone ist. Und zu unserer großen Überraschung hält er sich – trotz Sturm-und-Drang-Zeit – (meist) brav an die Regeln. Er kann zwar dem Mittendrin-Sein nicht versagen, hält sich aber diskret am anderen Ende des Esstisches auf und somit von unseren Tellern höchst diszipliniert fern.
Maine coon?
Eine weitere Besonderheit hat uns heute bei einer lieben Freundin die Augen geöffnet: Tweezy miaut nämlich nicht. Also er gibt zwar Miau-ähnliche Laute von sich, die aber furchtbar leise sind. Wir hatten bereits versucht, ihm ein ordentlich-lautes MIAU beizubringen, was er immer mit höchst irritiertem, schiefgehaltenen Köpfchen quittiert. Sein eigenes Miau’chen wird davon aber nicht lauter. Das erzählte ich also heute einer Freundin, die daraufhin meinte, dass dies bei der Rasse Maine coon typisch wäre. Daheim habe ich also gleich mal nach Maine coon gegoogelt und dabei doch einige Überraschungen erlebt. Natürlich nehmen wir nicht an, dass Tweezy eine reine Rassekatze ist, aber ganz offensichtlich gibt es wohl in seinen Genen einiges davon: Gleich fallen die luchsigen, maine coon-typischen Haarzipfel an seinen Ohrspitzen auf und auch die felligen Ohrinnenseiten sind hier typisch. Vor allem aber finden wir ihn in den Wesensbeschreibungen wieder: Anschmiegsam, anhänglich, sozial, wasserliebend (was er schon oft in der Wasserschüssel bewiesen hat). Wikipedia schreibt, dass diese Katzen auch oft Hundekatzen genannt werden, weil sie so anhänglich sind …
Natürlich ist es uns völlig egal, wer oder was an seiner Zeugung beteiligt war – wir haben ihn in seinem sehr speziellen Wesen sehr liebgewonnen und machen uns jetzt keine Sorgen mehr, wenn kein lautstarkes MIAU! nach Futter verlangt, sondern nur ein zierliches Fiepsen „Hunger!“ signalisiert. Und „twee“ bedeutet übrigens „niedlich“. Also hat es der dreifache Namenswechsel nun doch noch auf den Punkt gebracht. Und dass wir nun von einer „Hundekatze“ über den großen Verlust von Tupu und Ben getröstet werden, ist ein ganz besonderes Geschenk für uns …