Dem Kenner sticht es schon seit einiger Zeit ins Auge: Es weht ein frischer Wind am Weingut Klein. Die jungen Weine, abgefüllt in Flaschen mit schicken neuen Etiketten, modern und dennoch irgendwie bodenständig zugleich. Julius der Jüngere, mag es, wenn die Dinge Geschichten erzählen, also wundert es nicht, dass er auch zum neuen Logo eine parat hat.

„Es symbolisiert den Kreis des Lebens“, erklärt er, der für die neue Linie ebenso verantwortlich zeichnet, wie für die erhöhte Aufmerksamkeit, die der Wein hier in den letzten Jahren bekommt. Jetzt konzentriert man sich im Klein’schen Weingarten nicht mehr primär auf die Trauben, sondern zuerst mal auf die Bodenqualität – seine Vitalität und Gesundheit stehen hier an erster Stelle. „Geht’s dem Boden gut, dann profitiert davon auch alles, was in und auf ihm wächst“, ist er überzeugt. Da werden nun bereits seit einigen Jahren die Zeilen im Weingarten mit ausgewählten Pflanzen intensiv begrünt, mit Kompost und Stroh verwöhnt, um die Bodenbeschaffenheit zu optimieren. Dass es hier so grünt und blüht, zieht viele Nützlinge an, die dem jungen Winzer bei der Arbeit behilflich sind. „Und da ist es wie bei uns Menschen, wo viel los ist, da zieht es einen hin“, lacht er fröhlich. So haben auch viele Tiere der Region in den Weingärten Einzug gehalten. Dieser neue Kreislauf der Natur findet sich nun zumindest auszugsweise im neuen Logo wieder, das jeweils zur Hälfte die Etiketten der Veltliner und der vielen anderen Sorten ziert.

Das Gute im Wein

Doch das ist nicht die einzige Neuerung, die dem jungen Winzer zu verdanken ist. Bei seinen Überlegungen, wie er noch mehr Charakter in seine Weine bringen könnte, lag rasch die Logik nahe, ihnen einfach mehr von dem zu geben, was eben das Beste an ihm ist: Trauben! Wird Weißwein üblicherweise – anders als Rotwein – ohne Traubenschalen vergärt, nützt Julius Klein mittlerweile den Vorgang der intrazellulären Vergärung ganzer Trauben, indem er einen Großteil von ihnen mitverarbeitet. Daraus entstehen Weine, die – wie Julius es liebt – eine Geschichte erzählen und der Erfolg gibt dem engagierten Jungwinzer Recht. Denn das Weingut Klein räumte im großen Stil ab: der Grüne Veltliner Weinviertel DAC 2016 Ried Wiege wurde SALON-Sieger, der Grüne Veltliner Urmeer Grande Reserve 2015 und der Chardonnay 2016 holten jeweils die AWC Trophy als beste ihrer Klasse unter internationalem Mitbewerb und der Grüne Veltliner Ried Rustenberg 2016 wurde zum Landessieger gekürt.

Eine Vorlage, die den „Jungen Wilden Winzer“ – als Mitglied der gleichnamigen Vereinigung, für seine künftige Weinmacherlaufbahn ganz schön fordert. „Man sagt ja, dass man nur einmal im Leben einen Landessieger produzieren kann“, grinst er und man kann wohl gesichert davon ausgehen, dass er plant, dieser Regel das Gegenteil zu beweisen. Schließlich ist seine Karriere ja noch jung …

Julius sen. vs. Julius jun: Gerangel gibt’s nur zum Spaß!

Die großen Auszeichnungen hatten zur Folge, dass Kleins Weinkeller rasch leergetrunken war. Und dass sich Vater und Sohn Gedanken über die Zukunft machten. Soll das Weingut nun mit der nächsten Generation weiter expandieren? Schließlich ist es unter Julius senior, der 1988 von seinem Vater sieben Hektar Weingarten übernommen hatte, mittlerweile zu 21 Hektar angewachsen. Doch wie in vielen anderen Bereichen zeigt sich auch hier, dass die neue Generation anders tickt. Sie ist nicht mehr so stark von Aufbau und Wachstum getrieben, sondern denkt viel nach über Erhalt und Qualität. Und so hat Julius junior entschieden, sich lieber voll und ganz dem zu widmen, was da ist.

„Zurzeit hat unser Weingut die perfekte Größe, die sich – mit Hilfe der Eltern – gut alleine bewirtschaften lässt“, erklärt der Nachfolger, der seine Arbeitszeit jetzt in Weingarten, Keller und Repräsentation drittelt, und sich damit in allen Bereichen selbst einbringen kann. Weiteres Wachstum würde das nicht mehr möglich machen. Der höhere Aufwand würde Mitarbeiter erfordern und „dann befürchte ich, dass ich nur mehr damit beschäftigt bin, unsere Weine auch zu verkaufen“. So, wie es ist, ist es für den jungen Winzer perfekt: Eine abwechslungsreiche Arbeit, die ihn einerseits im Einklang mit der Natur hält, in die kreative Stille des Weinkellers führt, und andererseits auch Kontakt mit vielen Menschen bei Präsentationen und – wie erst kürzlich – großen Prämierungen und spannende Reisen bietet.

Und das Reisen zählt für den jungen Winzer damals wie heute zu den besonders interessanten Hobbies. Nach der Kremser Weinbauschule hat Julius Praktika am Weingut Bründlmayer und bei Leo Hillinger absolviert, um auch andere Betriebe kennenzulernen. Dazwischen gab es durchaus Zweifel an seinem beruflichen Werdegang, etwa als er Snowboardlehrer wurde und kurzfristig ganz andere Vorstellungen von seinem weiteren Berufsleben hatte. „Mit 14 Jahren ist es doch eigentlich noch unmöglich, so große lebensbestimmende Entscheidungen zu treffen. Aber in meinen Praxisjahren ist die Leidenschaft für Wein dann so richtig entfacht.“ Besonders im Versuchskeller des Südtiroler Landesweinguts Laimburg bekam der Praktikant Gelegenheit, auf äußerst intensive Weise hinter die Kulissen des Weinmachens zu blicken, die ihn sehr geprägt hatten. Um auch die Interessen des Handels besser zu verstehen, arbeitete er danach eine Zeitlang bei einem großen deutschen Weinhändler. Erfahrungen, die ihm heute ebenfalls sehr zugute kommen.

Währenddessen wurde am elterlichen Weingut fleißig um- und zugebaut: Innerhalb von drei Jahren errichteten Julius senior und Erika Klein mit viel Eigenleistung einen neuen Weinkeller mit allen technischen Schikanen, Fläche für den Ab Hof-Verkauf und den gemütlichen Verkostungsraum. Vor allem über die technischen Finessen im Keller schmunzelt Julius senior heute gelassen: „Es war halt so, dass wir stolz drauf waren, mit toller Technik kühlen und wärmen, messen und analysieren zu können. Seit Julius mitarbeitet, brauchen wir die viele Technik aber gar nicht mehr so wirklich – jetzt darf der Wein sich in aller Ruhe zu dem entwickeln, was er ist und großartige Eingriffe sind kaum nötig. Es ist eben so, wie man sagt: Alle 30 Jahre mit dem Generationswechsel wird der Weinbau neu erfunden!“

Die weite Welt

Zwei Geschoße des neuen Gebäudes am Weingut waren gerade im Errichten, als Sohn Julius eines Tages aus heiterem Himmel mit einem Ticket nach Neuseeland heimkam. Der Papa trug’s mit Fassung: „Reisende soll man nicht halten, und mir war es immer wichtig, dass Julius nicht eines Tages das Gefühl bekommt, etwas im Leben verpasst zu haben!“ Fast vier Monate tingelte der Winzersohn mit seinem Rucksack durch die Kulissen Tolkiens mythischer Mittelerde und sog gierig die ungewohnte Maori-Mentalität auf. „Dort sind alle Menschen total tiefenentspannt! Man wird für seine Arbeit wöchentlich bezahlt und niemand denkt hier weiter als eine Woche voraus. Das war eine unglaublich entschleunigte Zeit, die ich nicht missen möchte, und ich bin sehr dankbar, dass meine Eltern das so großzügig unterstützt haben.“

Mama Erika, die offenherzige Künstlerin in der Familie, die sich schon immer sehr engagiert um Gäste, Ab Hof-Verkauf und die Weinpräsentationen gekümmert hatte, war es, die in einem Skype-Telefonat ein zärtliches Ultimatum stellte: „Wenn du jetzt heimkommst, dann bauen wir den Verkostungsraum unterm Dach fertig!“ Also entschied sich der Sohn gegen eine langsame Heimreise durch die Länder dieser Welt, nahm einen Direktflug nach Österreich, und traf die endgültige Entscheidung, sich von nun an aus vollem Herzen dem Weingut zu widmen. „Das war wichtig für mich, dass ich nicht das Gefühl hatte, aus Tradition etwas machen zu müssen, sondern mich ohne Druck frei dafür entscheiden konnte.“

Diese Harmonie innerhalb der Familie spiegelt sich nicht nur in den Räumlichkeiten des Weinguts wider, sondern sie findet sich auch in Kleins Weinen. Das haben wohl die zahlreichen Verkoster und Jurymitglieder geschmeckt, als sie so großzügig Prämierungen über Julius Klein ausschütteten. Möge er die alte Regel brechen, in jedem Jahr für außerordentliche Weinviertler Weine prämiert werden und unsere Gaumen damit erfreuen! ♥

Mehr: www.weingut-klein.at


Artikel aus Wein4tlerin Ausgabe 02/2018